Erzählungen, Haymon 2011, geb., 178 S.
Achtzehn mal zwei
Irene Pruggers Erzählungen von Sehnsucht, Begehren und Vorstellungen von Liebe
Achtzehn Mal führt Irene Prugger mit einem trickreich angelegten Beginn in eine Situation, die mit Sehnsucht, Begehren und einer Vorstellung von Liebe zu tun hat. Achtzehn Mal findet sie originelle Wendungen, schmerzhafte Erkenntnis, komische Ausgänge. Die Suche nach einer beglückenden Beziehung ist der verbindende Faden der Sammlung, Mann und Frau gehen aufeinander zu, verpassen einander, in den seltensten Fällen passen Zeit und Ort und Bereitschaft überein. Das fordert Fingerspitzengefühl, um nicht in Klischees zu ertrinken.
Irene Prugger schafft das mit überzeugender Leichtigkeit. Sie hält die Regeln der klassischen Kurzgeschichte ein, befasst sich nur mit dem Kreuzungspunkt zweier Lebenswege, beschränkt sich auf ein Zeitfenster, dessen Dramatik sie mit einer erfreulichen Mischung aus skurrilem Humor und trauriger Betroffenheit aufbaut. Außerdem hat sie ein Talent, den Schlusspunkt präzise zu setzen, das Nachdenken über die offenen Folgen der Handlungen wird von dieser Erzählstimme leicht eingefordert.
Paarläufe mit Hindernissen
Selbst in grotesken Momenten verliert Prugger nie die Achtung vor den Sehnsüchten ihrer Figuren, egal, ob ein Junge seinen verwirrenden Gefühlen ausgesetzt ist, eine fremdgehende Ehefrau die Wahrheit über die Feigheit ihres Liebhabers und gleichzeitig das Ende ihrer Ehe akzeptiert, oder eine alte Kranke ihre Lebenslügen aufgibt, um der Liebe per se noch eine Chance zu geben. Manchmal jedoch bedeutet Erkenntnis das Ende einer Sehnsucht, ein falscher Zeitpunkt die Änderung eines Lebenskonzepts. Diese Augenblicke schildert die Tirolerin mit herzerfrischendem Ton, wobei der Witz nie auf Kosten der Figur geht, pure Tristesse nie zur Melodramatik gerät. Manchmal überrascht die Perspektive wie z.B. „am Anfang des Tunnels“, wenn der Selbstmörder im Tod die Zugpassagiere belauscht und sein ewiges Leben mit ihren Bemerkungen beginnt.
Egal, ob ländliches oder städtisches Leben den Rahmen für die Liebessuchenden bildet, überzeugen Subtilität, Ton und Stimmung. Der hohe Unterhaltungswert dieser exzellenten Prosa ist ein rundum gelungenes österreichisches Beispiel dafür, dass auch kurze Erzählungen wert sind, gedruckt und gelesen zu werden.
B.K.